Immer öfter hören bzw. nutzen wir in unserer Kommunikation den Begriff der Resonanz –  wir gehen in Resonanz mit Menschen, mit uns selbst, mit einer bestimmten Musik…Viele setzen diesen Begriff Wörtern wie „Beifall, Zuspruch, Übereinstimmung“ gleich. Es dabei zu belassen wird dem Konzept von Resonanz nicht gerecht. Wollen wir das Potenzial, was sich hinter dieser Bezeichnung verbirgt, nutzen, lohnt es sich, sich intensiver mit dem Thema der Resonanz auseinander zu setzen.

Etymologisch leitet sich der Begriff aus dem lateinischen „resonare“, was widerhallen meint. Auch wenn der Begriff aus der Physik, speziell der Akustik, stammt, hat er sich in den letzten Jahren auf die Wissensbereiche der Psychologie, der Soziologie und der Spiritualität ausgebreitet. Im spirituellen Bereich wird der Ausdruck „Gesetz der Resonanz“ jetzt immer öfter als Synonym für das „Gesetz der Anziehung“ benutzt und wird zu den verschiedenen kosmischen Gesetzen zugeordnet. Es besagt, dass wir das anziehen, was wir aussenden – und dass all das, was wir aussenden auch wieder zu uns zurückkommt.

Resonanz im soziologischen Kontext

Ein besonderes Potenzial birgt es, wenn wir Resonanz als soziologisches Konzept begreifen, wie Prof. Rosa ihn beschreibt: „als die Urform menschlicher Weltbeziehung.1

In diesem Kontext wird Resonanz verstanden als ein schwingendes System, das aus der Beziehung zwischen zwei oder mehreren Subjekten bzw. zwischen einem Subjekt und einem Objekt entsteht. In diesem mitschwingenden bzw. mittönenden System regen sich alle Seiten wechselseitig an. Resonanz wird damit zu einer Antwortbeziehung, dem zugleich ein Moment von Unverfügbarkeit innenwohnt.

  • Horizontale Resonanz findet zwischen zwei oder mehr Menschen statt, so in Liebes- und Familienbeziehungen.
  • Diagonale Resonanz beschreibt Beziehungen zu Dingen und Tätigkeiten
  • Vertikale Resonanz meint die Beziehung zu den großen Kollektivsingularen wie die Natur, die Kunst, die Geschichte, die Religion…

In einem resonanten Feld sind intensive  Erfahrungen und authentische Begegnungen möglich, da die Antwort bzw. der Impuls aus unseren transpersonalem Dimensionen (Essenz-Bewusstsein, Universeller Selbst) kommen. Wir lassen den Verstand und den Drang zu beurteilen und zu kontrollieren los und öffnen einen Raum für Offenheit, Neugier, Akzeptanz und Verbundenheit. Durch die Erfahrung des Mitschwingens unserer jeweiligen schöpferischen Quelle erfahren wir Berührung und die Freude wahrzunehmen, dass wir eine Wirkung haben, und andere und uns selbst bewegen können. In diesem Mittönen und Widerhallen liegt ein Potenzial für persönliche, soziale und globale Transformationen.

1 Hartmut Rosa, Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung

Erfahrungen aus einem resonanten Feld

Im Rahmen der Social Architect Ausbildung praktizieren wir eine Methode des evolutionären Kreises, die die Bedingungen schafft für das Manifestieren von Resonanz. Mit diesem Beitrag möchten wir mit Ihnen die Impulse teilen, die während des resonanten Kreises und aus der kollektiven Weisheit zu folgenden drei Fragen, entstanden sind.

 Woran merken wir, dass wir uns in Resonanz befinden?

Manche berichten über physische Wahrnehmungen:

Ein Fließen im ganzen Körper, fließendes Atmen, Kribbeln, Gänsehaut, energetisierendes Gefühl, die Brust wird ganz weit.

Andere beschreiben, was für Gefühle entstehen:

Berührt sein -es teilt sich eine Freude auf über das, was auftaucht, – ein Verbundenheitsgefühl – Glückseligkeit –  ein staunendes Aha, Staunen. Manchmal Freudentränen, große Lebendigkeit, die loslaufen will, die eine Bewegung spürt und der folgen will. Es ist eine geteilte Schwingung, es ist total schön. „Ich habe ein Gefühl von Urvertrauen als Fundament, und von da aus spüre ich einen Sog der Gestaltung“. „Ich habe weniger zu tun und bin mehr im Sein in dem Moment, und im Spüren, nicht im Handeln“.

Weitere beobachten, dass die Sprache, die Stimme und die Art des Kommunizierens sich verändern:

  • Die Sprache ist eine andere, die Sprache landet in mir, da klingt etwas an, da kann ich mitschwingen, breitet sich in einem positiven Gefühl aus.
  • Ich habe oft das Gefühl, die Konversation fließt, keiner fällt dem anderen ins Wort, man wird sehr gut verstanden, man muss sich nicht rechtfertigen, alles kommt an.
  • Ich weiß, was du meinst und ich weiß, du verstehst mich.
  • Leichtigkeit, sich einlassen auf das, was der andere sagt. Wenn ich annehme, was du sagst, was kann dann entstehen? Es geht gemeinsam in eine Richtung, es ist ein Zusammenkommen.
  • Das Gefühl, dass das eine Wahrheit da ist, die nicht aus dem Verstand kommt. Ein tiefes Gefühl von verstehen, dass man nicht logisch herleiten kann.

Und Resonanz kann sich ebenfalls vielfältig auf all diesen Ebenen gleichzeitig manifestieren:

Wenn ich in Resonanz mit mir bin, dann wird die Stimme langsamer und sonorer. Wenn jemand etwas erzählt, das stimmig ist, spüre ich eine Gänsehaut und energetische Wellen am ganzen Körper, manchmal kommt es vulkanartig, so viel Freude und Energie, vor allem nehme ich eine Verlangsamung wahr.

Die zweite Frage, die wir stellten, ist „Was brauchen wir als Gemeinschaft, um ein resonantes Feld des Zusammenwirkens und Mitgestaltens entstehen zu lassen“? 

  • Ich brauche da ein tiefes Interesse am anderen, Empathie und gut, gut Zuhören
  • Einen Rahmen, eine Klarheit, wie wir sprechen, und wann wir sprechen. So dass Zeit ist. Ich brauche das Gefühl von Zeit, Innehalten, keiner fällt mir ins Wort.
  • Die Bereitschaft aller Beteiligten sich zeigen zu wollen, Angstfreiheit, dass jede und jeder sich zeigen kann und will.
  • Ich wünsche mir eine Offenheit, dass jeder sich zeigt wie er kann und will. Und auch Leidenschaft, dass das Echte spürbar wird.
  • Es braucht für mich eine erkundende Haltung. Konzentration auf das Neue. Lust am Erkunden und Fragen.
  • Es braucht für mich gerade am Anfang einen verlässlichen Rahmen, in dem jeder Raum hat und absichtsvolles Zuhören, so dass was Neues entstehen kann.
  • Für mich wie ein Agreement zwischen den Menschen, dass da noch mehr ist als das, was wir jetzt gerade wissen. Neugier, forschen. Dass alle davon ausgehen, dass da was entstehen möchte. Innere Herzenshaltung dazu.
  • Für mich braucht es die Erfahrung eines Funkens, dass ein Funke zündet, von einem oder im Zwischenraum entstehen. Etwas, was sich kristallisiert. Der Beginn, worum sich die anderen Kristalle herumlagern.
  • Die Präsenz der Individuen, gemeinsame Intention, Hingabe, Vertrauen in ein größeres Ganzes, eine Bereitschaft zum Empfangen neuer Informationen, Mut für radikale Offenheit, Teilen aus dem Nicht-Wissen, offen für Inspirationen aus dem größeren Feld.
  • Wertschätzung ohne Bedingungen, Verständnis, Verständnis für mich und andere, Gefühl jeden kennen lernen zu dürfen im Prozess.
  • Selbstliebe als Basis für Selbstauthentizität, auch dieses den anderen zugestehen.
  • Freiheit den anderen nicht lieben zu müssen, aber zu staunen, mich zu interessieren, und auch stille sein zu dürfen.
  • Prozess von Resonanz: es braucht auch die Dissonanzverträglichkeit, dass diese auch ausgehalten wird. Damit danach wieder Resonanz entstehen kann. Für mich ist es eine Polarität, kein Gegensatz.
  • Es braucht von jedem Verantwortung, dass wir diese übernehmen, wenn es Widerstand gibt.
  • Demut.
  • Achtung vor dem Kreis, ist das für den Kreis wichtig, was ich sprechen möchte.

Die dritte Frage, die wir stellten, war: Was verändert Resonanz in Gruppenprozessen?

  • Durch die Verlangsamung des Prozesses wird eine hohe Sorgfalt im Hören und Sprechen erzeugt und es entsteht Inspiration.
  • Wir spüren welche Weisheit in der Gruppe vorhanden ist und wie vielfältig die Perspektiven sind. Es gibt nur Addition, keine Konkurrenz zwischen den geistigen Impulsen.
  • Durch Präsenz schaffen wir eine entspannte Atmosphäre und geben uns Zeit, das Gehörte wirken zu lassen. Wir sehen, wie mühelos unterschiedliche Perspektiven in den Raum gebracht werden können, um ihre gestalterische Kraft zu entfalten.
  • Wir erfahren, dass wie alle die gleichen Sehnsüchte und Bedürfnisse haben. Verbundenheit und Verständnis für die Gruppe sind gestärkt.
  • Es macht sichtbar, dass es jede/n Einzelne/n braucht und folgende Qualitäten werden spürbar: Selbstverantwortung, Wir-Verantwortung, Vertrauen, Mut, Demut, Präsenz, Wachheit, bereit sein, verbunden bleiben, Vielheit spüren, Gefühl der vielfältigen Einheit, ein pulsierendes Herz.
  • Alles ist vorhanden.

Aus und mit der Resonanz einen transpersonalen Wir-Raum erschaffen

Diese Qualitäten in unseren Interaktionen zu erfahren macht es leichter zu verstehen, was ein offener, kreativer „Wir-Raum“  (higher we-space) meint. Aus dem Erfahren und Verstehen heraus können wir solche Räume bewusst gestalten.

Wenn es uns gelingt, einen Raum der Resonanz zu gestalten, dann entsteht Kohärenz. Menschen, die über die Resonanz zueinander in Beziehung treten formen ein kohärentes Energiefeld, in welchem das Denken, Fühlen, Spüren und Gestalten aus dem Transpersonalen Bewusstsein energetisch im Einklang sind. Daraus entsteht ein sinnhaftes Zusammenspiel. Stimmigkeit, Resilienz und Wirksamkeit entfalten sich auf natürlicher Weise.

 

Autorin: Claudine Villemot-Kienzle

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